Draußen liegt der erste Schnee. Der Himmel zeigt eine einzige graue Wolkendecke.
In Jogginghosen und T-Shirt stehe ich in der Küchenecke am Kalender. „Oh, oh“. Mein Mann, der am Küchentisch sitzt und Zeitung liest, schaut auf. „Was ist oh, oh?“
„Entweder gaukelt mir der Kalender was vor oder ich träume. Ist in vier Wochen Heiligabend? “Ich setze mich, mit meiner Kaffeetasse, ihm gegenüber.
„Dann hast du beim Schlafen was Großartiges geträumt, dass dir das jetzt erst auffällt“, meint er trocken.
„Scherzkeks.“
„Danke Schatz!“, sagt mein Gatte grinsend.
„Meine beiden Handicaps machen mich fertig, privat, wie beruflich“.
„Ja, du hörst und siehst nix, wenn du bei der Arbeit bist.“
„Ich bin eben blind wie eine Kuh und habe Tomaten auf den Ohren. Vergiss nicht, die Vermisstenanzeige aufzugeben, wenn ich zu lange abdrifte“, lache ich. „Ernsthaft, Jakob, es hilft mir enorm, wenn du mir bei den Weihnachtsvorbereitungen mithelfen könntest. In zwei Wochen muss ich eine Auftragsarbeit abgeben“.
„Okay, dann lass uns darüber sprechen, wie ich alles machen soll und was einzukaufen ist“.
Ich helfe meinem Mann die Rezepte, Zutaten und Backutensilien herauszusuchen. Auf dem Weg zurück ins Büro höre ich ihn hantieren und Weihnachtslieder singen.
Mitten im Schreiben, ein lautes Krachen. Erschrocken steh ich auf und eile in die Küche.
„Was ist passiert?“, frage ich ängstlich und sehe meinen Mann auf dem Küchenboden knien.
„Was ist passiert?“, wiederhole ich ein wenig lauter.
„Mir ist die Schüssel heruntergefallen“, brummelt mir Jakob entgegen.
„Was für ein Schlüssel?“
„Es ist mir KEIN Schlüssel, sondern die Sch üs sel heruntergefallen“, korrigiert er mich. Erschrocken eile ich auf ihn zu.
„Lass das bitte Jule, geh wieder an deine Arbeit, ich mache das“. Ich lächele ihm zu und verschwinde.
Bis zur Mittagszeit schreibe ich an meinem Projekt. Ein drittel des Manuskript ist fertig und ich gönne mir eine Pause.
„Was soll ich zum Mittagessen kochen?“, frage ich, als ich aus dem Arbeitszimmer komme.
„Hm, aus Zeitmangel sollten wir uns etwas vom Italiener bringen lassen und Wein dazu trinken.“, antwortet Jakob. Erschöpft lässt er sich auf den Küchenstuhl sinken.
Während Jakob die Pizza bestellt, hole ich aus dem Vorratsraum eine Flasche Wein. Die Zeit, die wir auf das Essen warten, nutzen wir, um die ersten Plätzchen zu backen und aufzuräumen.
Mit der Weinflasche, Gläsern und der unvergleichlichen Käsepizza machen wir es uns im Esszimmer gemütlich. Wir genießen das köstliche Essen und unterhalten uns über die Missgeschicke, die uns passierten und lachen viel.
Während ich zurück in mein Büro schlappe, macht sich Jakob auf den Weg zum Einkaufen. Das Telefon klingelt.
„Hallo!“
„Ich bin’s, schaust du bitte auf den Küchentisch, ob ich den Autoschlüssel dort liegen ließ?“, höre ich die Stimme meines Mannes.
„Moment!“ Ich latsche in die Küche. „Ja! Ich schicke ihn dir runter!“
„Okay!“ Ich öffne das Küchenfenster und schaue nach unten: „Wirst langsam alt, Alzheimer lässt grüßen, wie?“, scherze ich und werfe ihm den Schlüssel zu.
„Na ja kann nicht jeder ein Küken sein, wie du, mein Schatz“, lacht er und hebt den Autoschlüssel auf.
Am Abend, als ich von meinem Abgabetermin zurückkomme, bin ich müde und erschöpft. Natürlich habe ich bis zur letzten Sekunde an dem Projekt gearbeitet, da bin ich Perfektionistin
„Hallo Jule, wie war dein Tag?“ Jakob begrüßt mich mit einer Umarmung und hilft mir aus meinem Mantel.
„Danke, ist alles erfolgreich verlaufen und ich bin froh Jo, für den Rest des Jahres Urlaub zuhaben.“
Endlich ist Heiligabend. Früh beginne ich den Tag. Kaum ist es Mittag, kommen mein Schwager und mein Bruder mit ihren Familien an. Nach der Begrüßung gehen mein Mann und die Kinder ins Wohnzimmer, währendessen bringen die anderen und ich das Gepäck ins Haus. Die Geschenke verstecken wir in meinem Büro. Die Frau meines Schwagers und die meines Bruders, setzen sich mit mir in die Küche, Ihre Männer verschwinden im Wohnzimmer.
„Ich finde es klasse, dass wir in eurem frisch eingerichtetem Heim Heiligabend und den ersten Weihnachtstag verbringen können. Ein erstklassiges Haus, mir gefällt es.“, meint meine Schwägerin.
„Ja, das finde ich auch, es erinnert mich an Spanien, wo die Häuschen schneeweiß getüncht und rote Ziegel auf den Dächern haben. Was mich begeistert ist, dass ihr enorm viel Platz zur Verfügung habt und wir alle hier unterkommen“, ergänzt die andere.
„Danke für euer Lob. Wir hatten immer davon geträumt, weil wir gerne Gesellschaft haben, und uns über jeden freuen, der uns besuchen kommt.“
Zur Kaffeezeit trudeln die Großeltern ein und nach allgemeinem Hallo tragen die Männer das Gepäck nach oben und die weiteren Geschenke ins Büro.
„Kinder deckt bitte den Tisch?“, frage ich in die lärmende Runde.
Es fehlt noch die Dekoration, um die sich unsere Mütter kümmern. Danach verschwinden alle nach oben in ihre Zimmer, währendessen stelle ich das Essen warm und lege die Weihnachtsgeschenke unter den Baum. Dann gehe ich mich ebenfalls umziehen.
Schick herausgeputzt treffen wir uns alle im Wohnzimmer. Wir singen „Oh du Fröhliche“ und „Stille Nacht“. Die Kinder tragen aufgeregt ihre Gedichte vor.
Endlich kann es losgehen, das Spiel um die Geschenke kann beginnen.
Keiner kann erahnen, was von wem ist. Nachdem alle ihr Weihnachtsgeschenk, mit einem „Frohe Weihnachten“, erhalten haben, geht’s ans Auspacken. „Ohs“ und „Ahs“ erschallen den Raum und manches Lachen ist zu hören, Jubellaute genauso wie das eine oder andere Brummen.
Kurz bevor ich mit dem Essen aus der Küche komme, ist meine Schwägerin am Öffnen der Schränke.
„Was suchst du Marie, kann ich dir helfen?“, frage ich auf sie zugehend.
„Ich suche ein Stövchen“, sagt sie und öffnet eine weitere Schranktür.
„Was willst du, ein Stößchen?“, schüttele ich verwundert den Kopf. Alle die um uns stehen fangen an zu lachen. Mein Gatte kommt, legt seinen Arm um meine Schulter. „Schatz, kein Stößchen, sondern ein Stövchen will Marie. Aber das andere kannst du später bekommen!“ Fröhlich zwinkert mir Jakob zu und grinst.
Wenn du Anregungen oder meine Geschichte kommentieren möchtest, ich freue mich über dein Feedback! Danke!
Schreibe einen Kommentar